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Enby Babe – Salzstreuer*in

Ein Salzstreuer mit Bartschatten und Augen Makeup, der aussieht als würde er tanzen auf einem lila Hintergrund.

Über mich

23 Jahre alt, queer (nicht-binär und bi … ja, das passt zusammen), poly, amab

Pronomen: they/them (im Deutschen auch gerne abwechselnd sie/ihr und er/ihn)

Ich studiere Literaturwissenschaften und Philosophie mit Fokus auf Queer und Gender Studies, habe aber auch mal Mathematik gemacht (bin allerdings unfähig, was Computer betrifft, das kann zum Glück Jelly).

Ich mache manchmal Sport (meist in unregelmäßigen Schüben), rede gerne (zum Leidwesen meiner Mitmenschen) und mache gerne Musik (zur Freude meiner Mitmenschen … naja, meistens zumindest).


Schwerpunkt(e)

Da ich völlig unbegabt im Umgang mit Technik bin, bleibe ich beim inhaltlichen. Ich habe mich in den letzten Jahren persönlich und in meinem Studium viel mit gender, Sexualität, Beziehungen (familiärer, sexueller, romantischer, freundschaftlicher, beruflicher Art), Diskriminierung und politischem Widerstand auseinandergesetzt. Über Süßmaus bin ich im Sommer 2022 auf den Blog Enby Babes aufmerksam geworden und freue mich sehr über das Upgrade von begeisterte*r Leser*in zu Mitautor*in. 

Von der rot-blauen Brille

“Es ist ein Junge!” – So fängt die Geschichte doch an, oder? Obwohl ich mich an diesen Satz natürlich nicht mehr erinnere, wäre das sicherlich eine tolle opening scene, würde ich einen Film über mein Leben drehen wollen. Weitergehen würde es dann mit Einblicken in meine Kindheit: ein paar beruhigende Worte der Kindergärtnerin aus dem Off: “Ach, der wird sich schon noch machen … auch wenn er nicht so ist, wie die anderen Jungs”, dann Kameraschwenk auf den Schulhof, Mädchen links, Jungs rechts, hier Seilchen springen (“Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden, wie viele Kinder wirst du kriegen?”… meine Puppe kam dann irgendwann auf den Dachboden), dort wilde Ballspiele und Kämpfe mit imaginären Lichtschwertern, ich irgendwo dazwischen, mal hier, mal dort, nirgendwo so fremd, aber auch nirgendwo so recht zu Hause. Sorge (“Hoffentlich wird der nicht später gehänselt, ein Schwächling oder schwul!”), Irritation (“Mit deinen langen Haaren siehst du ja aus wie ein Mädchen!”), Anerkennung (“Zum Glück bist du nicht wie so wie die anderen Jungs!”), Zurechtweisung (“Boah, schau mal wie die raufen, die Kerle … ne, nicht du! Du bist ja kein richtiger …”).

Und dann? Einsatz von dramatischer Filmmusik, eine schwere Jugend und irgendwann endlich der heroische Befreiungsschlag?

Nein, leider ist mein Leben nicht filmreif. Meine Jugend würde sich für einen queeren Hollywood-Epos wohl eher nicht so gut eignen. Statt Widerstand folgte auf meine Kindheit und frühe Jugend Anpassung. Die langen Haare wurden immer kürzer, die Oberteile wurden durch Hemden ersetzt und während andere sich in ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität auslebten, war ich damit beschäftigt, gut in der Schule, sportlich, fröhlich, cool und beliebt bei allen zu sein, ein paar Herzen zu brechen und dabei allzu oft selbst von diversen Mädchen einen Korb zu kriegen.

Erst im Studium bin ich dann (aus Versehen!) in einem feministischen Seminar gelandet. Von da an habe ich begonnen mich mit Männlichkeit auseinanderzusetzen und festgestellt, dass ich keine schnelle Antwort auf die Frage habe, warum und wie ich mich “als junger Mann” fühle oder was Männlichkeit für mich bedeutet. Es kam mir nie wie ein Verlust vor, dass ich immer nur Hosen getragen hatte und nie Makeup benutzt hatte, aber immer mehr bekam ich Zweifel: War das vielleicht gar kein natürliches Desinteresse an diesen “weiblichen Sachen”, sondern ein über zwei Jahrzehnte antrainiertes? Was verpasste ich alles, beschränkt durch mein vorschnelles “Ach, ich könnte ja, wenn ich wollte, aber ich brauche das nicht. Ein Rock würde mir eh nicht stehen und in Schminke sehe ich albern aus, aber klar, wenn sie es brauchen, sollen das andere Männer ruhig machen”?

Ich habe mich immer mehr intellektuell mit gender beschäftigt und irgendwann angefangen mal ein kleines bisschen Schminke zu benutzen: anfangs nur ein Hauch von einem Lidstrich, dann irgendwann sogar Mascara, dann mal im GayClub ein Crop Top. Jeder erste Schritt weg von meinem anerzogenen Bild davon, wie ich als Mensch mit “männlichen” Genitalien zu sein habe, war schmerzhaft. Verbunden mit Selbstzweifeln, Unsicherheiten, Angst vor Ablehnung. Aber ich hatte Menschen in meinem Umfeld, die mich unterstützt haben, die mir gezeigt haben, dass “ich” noch zu sehen bin, ja vielleicht sogar viel besser zu sehen bin, wenn ich die dicken Krusten der aufgetragenen Männlichkeitsnormen abgetragen habe. War es ein Verlust? Ja, was ich verloren habe, sind innere Konflikte mit mir selbst, Gedankenkarusselle des unbefriedigenden Vergleichens mit einem Ideal, dem ich nicht entsprechen konnte. Was ich gewonnen habe, ist weniger der Zugang zu meiner “Weiblichkeit” (damit würde ich mich ja direkt in den nächsten Käfig begeben), sondern vielmehr der Mut frei zu sein. Frei zu sein, “weibliche” und “männliche” Sachen zu machen, zu tragen, zu sagen, frei zu sein, keins von beidem zu tun. Es ist, als hätte ich vorher immer eine Brille mit blau gefärbten Gläsern getragen, und jetzt sind meine Gläser mal rot, mal lila… und mal ganz  transparent. Nach außen bin ich dann vielleicht für manche immer noch “der mit der Brille” (apropos, über den Umgang mit Misgendern könnte ich einige Blogs füllen), aber ich brauche keine andere Person, um mir zu bestätigen, dass meine Welt nicht mehr blau (oder rot) ist, sondern immer kunterbunter wird!

Privilegien & Marginalisierungen

CN: (SEXUELLE) ÜBERGRIFFE, ALKOHOLMISSBRAUCH

Ich bin eine weiße, dünne, nicht-behinderte Person und stamme aus einem Akademiker*innenhaushalt. Meine Familie ist vor zwei Generationen aus dem heutigen Polen geflohen, was die Familie sehr geprägt hat, ich bin selbst aber in einem wohlhabenden Vorort einer Großstadt aufgewachsen, genieße eine sehr gute Bildung und (finanzielle) Unterstützung meiner Eltern. Mein Nachname klingt ausländisch und ich werde von manchen als südländisch aussehend bezeichnet (was auch immer das heißen soll), habe aber selbst nie rassistische Erfahrungen gemacht, besitze einen deutschen Pass und spreche akzentfrei Deutsch.

Wegen meines nicht gender non-konformen/queeren Auftretens erfahre ich regelmäßig (verbale) Ablehnung oder unangebrachte (sexuelle) Anmachen, ob in der Öffentlichkeit, im Seminarraum oder im Club. In meiner Familie gab es viel Alkoholmissbrauch und eine ungesunde Einstellung zum Umgang mit Überarbeitung, beides Gründe, warum ich in Therapie bin.

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