MASTEKTOMIE – VORBEREITUNG UND OP
CN: misgendern
Was gibt es vor einer Mastektomie alles zu erledigen? Welche Termine müssen vereinbart und eingehalten werden? Und wie läuft das alles im Krankenhaus ab? Hier ist all das aus einer persönlichen Perspektive geschildert.
Mastektomie Vorbereitung
Mein Vorgespräch für die Mastektomie war im August, Dr. Wolter blockte mir lieberweise direkt einen Termin. Dann dauerte es knapp 2 Wochen bis ich meinen Kostenvoranschlag erhielt. In der Zeit bangte ich, ob der Termin wirklich fest war, da mir der OP Zeitpunkt sehr wichtig war und ich sonst möglicherweise doch zur anderen Klinik hätte gehen wollen. Aber mit längerer Wartezeit wurde es unrealistischer, dass dort im gewünschten Zeitraum noch ein Termin frei gewesen wäre.
Zum Glück klappte mit dem Termin alles und ich erhielt, nachdem ich den Kostenvoranschlag unterschrieben per Mail zurückgeschickt hatte, auch meine Termine für das Anästhesie Vorgespräch sowie den PCR Test. Da meine OP an einem Montag stattfand, musste ich bereits am Freitag für das Anästhesie Vorgespräch in Düsseldorf sein. Der PCR Test wurde am Samstag durchgeführt, da er max. 48 Stunden alt sein durfte. Da ich den Test im Krankenhaus machte, musste ich ihn nicht selbst zahlen.
Dann begann die weitere Planung. Mit viel Hin und Her organisierte ich mir die Hin- und Rückfahrt mit dem Auto, die Unterkunft bei den Eltern einer Freundin und Menschen, die mich begleiteten. Ich erstellte eine Telegram-Gruppe, in der ich mir Unterstützung für vor und nach der OP organisierte und regelmäßige Updates kommunizierte. Und ich reduzierte meinen Zigarettenkonsum innerhalb von ca. 4 Wochen von 10-12 Zigaretten auf 5-6 für die letzten 2 Wochen vor der OP.
Ein Poster für Körperübungen vor und nach der Mastektomie mit dazugehöriger Broschüre von Alexander Hahne und K* Stern findest du hier. Ich wurde erst nach meiner OP auf das Poster aufmerksam gemacht und kann daher leider keine Erfahrung zu den Übungen teilen.
Termine vor der Mastektomie
In den Monaten vor der Mastektomie standen noch zahlreiche Ärzt*innenbesuche an: Ich musste zum Gerinnungszentrum, um eine Thrombose-Neigung bei familiärer Vorgeschichte abklären zu lassen. Die Ergebnisse dauern bei vielen Zentren 8 Wochen. Glücklicherweise ist die Charité mit 2-3 Wochen super schnell, was bei einem Termin 3 Wochen vor der OP zeitlich sehr knapp war. Aber die Ergebnisse kamen nach 1,5 Wochen überpünktlich.
Die 4 Monate zwischen Vorgespräch und OP waren bei den Wartezeiten für die Termine tatsächlich insgesamt sehr knapp. Meine Blutwerte ließ ich sehr kurzfristig bei meiner Hausärztin kontrollieren. Leider hatte ich vergessen, dass sie die Woche vor meiner Mastektomie im Urlaub war und so musste ich die Blutergebnisse spontan vom Labor abholen (zum Glück wusste ich, bei welchem Labor die Analysen durchgeführt werden). Außerdem sprach ich mit einem Therapeuten, der mir eine Indikation für die Mastektomie schrieb. Die Indikation war keine Pflicht, aber ein Wunsch von Dr. Wolter. Der Therapeut, Hagen Löwenberg, war sehr nett und würde mir auch eine Indikation für Hormone schreiben, sollte ich diese zu einem späteren Zeitpunkt wünschen. Das Gespräch war online und wurde von der Krankenkasse gezahlt. Die ganzen Unterlagen konnte ich Dr. Wolter immer per Mail zukommen lassen und weitere Fragen von mir beantwortete er super schnell.
Da das nicht meine erste OP war, wusste ich bereits wie es läuft: Metall muss raus. Ich habe viele Piercings und ging deshalb ein paar Wochen vorher zu einem Piercing-Studio, um mir die Piercings entfernen zu lassen, die ich nicht selbst heraus bekam. Ich hatte mir Piercings bestellt, die ich selbst leicht rein und raus bekam sowie eine Zange für Piercingkugeln. Am Morgen der OP war die Panik dann aber groß, weil ich einige Piercings selbst mit der Zange nicht aufbekam, obwohl ich extra vorher geübt hatte. Glücklicherweise war Dr. Wolter in der Lage, die Piercings zu entfernen – auf die Hände eines Chirurgen ist Verlass!
Besorgungen
Um nach der OP gut ausgerüstet zu sein, besorgte ich mir noch einige Dinge: eine auslaufsichere Wasserflasche mit Strohhalm (ich liebe meine Eddy+ von Camelbak), Schmerzmedikamente, ein langes Ladekabel und Gurtpolster für die Autofahrten. Befreundete Personen, die ihre Mastek schon hinter sich haben, schenkten mir ihr Stillkissen und einen Mieder. Insbesondere Mieder sind richtig teuer, müssen aber auch sehr gut passen. Was für ein Glück also, dass ich einen Passenden geschenkt bekam.
Solltest du außerdem deine Nippel behalten wollen, ist es ratsam, sich vorher nach dem nötigen Verbandsmaterial zu erkundigen und dies online zu bestellen. Das ist nämlich nicht ganz günstig und im Internet wahrscheinlich günstiger zu erhalten.
die letzten Tage vor der Mastektomie
2 Wochen vor der OP begab ich mich größtenteils in Isolation und auch bereits vorher war ich sehr vorsichtig. Denn eine Corona-Infektion, die weniger als 7 Wochen zurückliegt, ist ein Ausschluss für eine OP. Draußen traf ich mit Maske trotzdem Freund*innen und arbeiten konnte ich glücklicherweise von zu Hause aus. Ein paar Tage vor der Abreise hielt ich eine online Pack-„Party“ ab (und packte viel zu viel ein). Ich packte fast nur Hemden ein. Es stellte sich jedoch heraus, dass es durchaus auch möglich ist, andere Kleidung an- und auszuziehen, sofern die Armlöcher oder Ärmel weit genug sind.
Am Donnerstag fuhren wir dann mit zu 3. mit dem Auto und viel Gepäck nach Düsseldorf. Mein Freund fuhr noch am Abend weiter zur Familie, meine Dating-Person bleib mit mir bis zum OP-Termin in Düsseldorf. Der Termin am Freitag dauerte überraschend lang. Nach dem aufwühlenden Gespräch mit dem Anästhesisten (Anästhesist*innen und ich – wir werden einfach keine Freund*innen mehr) wurden dann nochmal Fotos von meinem Oberkörper gemacht, ein Test auf multiresistente Keime und ich hatte ein weiteres Vorgespräch mit einer Chirurgin. Sie wies mich nochmal auf die Möglichkeit einer Folgenkostenversicherung hin, die ich zunächst ablehnte und dann keine 24 Stunden vor der OP doch noch überstürzt im Internet abschloss. Danach fühlte ich mich sicherer.
Ansonsten vertrieben wir uns die Tage mit Boule spielen, puzzlen, Sudoku, Uni-Kram und einem kleinen Fotoshooting – dem letzten mit Boobs.
Die Mastektomie
Der Morgen der Mastektomie war ein bisschen Horror, wenn ich ehrlich bin. Ich sollte um 7 Uhr für die Aufnahme da sein und war wegen der sturen Piercings schon ganz gestresst. Nach einer kurzen Wartezeit im Aufnahmezimmer malte Dr. Wolter meine Brust mit grünem Filzstift an und kurz darauf wurde ich auf mein Zimmer gebracht. Dort musste dann auf einmal alles ganz schnell gehen. Ich hatte keine 15 min, um meine metallischen Gegenstände zu entfernen, meine Wertsachen einzuschließen, aufs Klo zu gehen, mich umzuziehen und die Tabletten (eine zur Beruhigung, eine gegen Übelkeit und ein Schmerzmittel) zu nehmen. Da alles so hektisch war, hatte ich Angst, dass die Beruhigungstablette nicht rechtzeitig wirken würde.
Warten
Dann wurde ich in meinem Bett runter zum OP gefahren. Dort wurde ich in einen Raum mit vielen anderen Leuten geschoben, was mich beunruhigte. Als Angstpatient*in ist mir Ruhe ein wichtiges Anliegen in solchen Situationen. So lagen wir nebeneinander in unseren Bettchen, mit Trennwänden zwischen uns und wurden nach der Reihe nach unseren Namen, Geburtsdaten und OPs gefragt, ob wir gegessen oder getrunken hatten und metallfrei waren. Die Pflegerin musste schnell wieder hoch auf Station und der Anästhesist, der die Fragen stellte, war schnell wieder weg. So lag ich im Bett und wartete. Das Benzodiazepin begann immerhin zu wirken. Zwischendurch beobachtete ich eine Besprechung auf dem Flur. Irgendwann sagte jemand etwas von einem technischen Problem und dass alles noch etwas dauern würde. Ich dämmerte weg, bekam aber Überlegungen mit, uns wieder auf die Stationen zu bringen. Ich war immer wieder weg, bis ich zurück auf mein Zimmer gebracht wurde.
Dort lernte ich meinen Zimmernachbarn kennen, dem zunächst gar nicht klar war, dass meine OP noch nicht hinter mir lag. Ihn hatte niemand über die Verzögerung informiert. Wir unterhielten uns über Gender und unsere Familien, waren gemeinsam besorgt, ob die OP noch stattfinden würde, denn niemand konnte uns etwas sagen und 3 Stunden nach meinem OP Termin wurde ich ohne weitere Vorwarnung für die OP abgeholt. Nervenaufreibend! Das Beruhigungsmittel schien seine Wirkung komplett verloren zu haben und ein weitere bekam ich nicht.
OP-Vorbereitung #2
Kurz vor dem OP-Saal wurde ich auf ein andere Bett gelegt und angeschnallt, ich machte Scherze mit dem Anästhesisten und dann lag ich im OP-Saal. Den Zugang hatte ich noch nicht gelegt bekommen – das, wovor mir am meisten graute, sollte erst im sterilen Licht eines Raums voller beschäftigter Leute, die mich kaum zu beachten schienen, geschehen. Ein weiterer Anästhesist klopfte gefühlte 10 min auf meinem Unterarm rum, um eine geeignete Stelle zu finden, während mein Arm immerhin taub wurde. Als es dann mit der Nadel losgehen sollte, rief ich leicht panisch nach dem ersten Anästhesisten, der damit beschäftigt war, mich zu verkabeln, aber viel lieber meine Hand halten sollte. Er war nicht der erste der sich darüber beschwerte, dass ich zu fest zudrücke.
Als dann endlich eine Sauerstoffmaske ein paar cm über mein Gesicht gehalten wurde und das Narkosemittel zu fließen anfing, begann Anästhesist 1 Anästhesist 2 anzumotzen. Schon bei meiner Uterusentfernung gab es professionelle Streitereien im OP-Saal. Muss das sein? Wartet doch wenigstens bis ich eingeschlafen bin! Ich fiel langsamer als sonst in den traumlosen Narkoseschlaf, was mir kurz Sorgen bereitete bis ich dann halt weg war.
Aufgewacht
Als ich wieder aufwachte, tat meine Brust weh. Aber es war geschafft. Ich bekam erstmal ein Opioid – gut so! Allerdings schien es nicht so richtig zu wirken. In meiner Erinnerung war der Aufwachraum riesig, die Pfleger*innen weit weg und meine Stimme schwach. Nach kurzer Zeit begann ich zu weinen und wollte ein Taschentuch haben. Die Pfleger*innen auf mich aufmerksam zu machen, erschien mir wie eine große Herausforderung. „Entschuldigung“, schniefte ich wahrscheinlich kaum hörbar. Ich glaube ich wurde schon beim 2. Mal bemerkt. Es gab eine Papiertuch für die Hände statt ein Taschentuch und noch ein bisschen Opioid. Bald gings wieder hoch aufs Zimmer, auf dem Gang begegnete mir noch mein Zimmergenosse, der grad zum OP geschoben wurde. Ich weinte noch 2-3 Stunden durch und wusste nicht, wieso. Wahrscheinlich Erleichterung und abgefallener Stress.
Irgendwann kam mein Freund, der die nächste Woche auf mich aufpassen würde, mit Snacks und Taschentüchern ins Krankenhaus. Ich war ziemlich fertig, konnte aber ziemlich schnell schon allein aufs Klo gehen (als die Pflegerin mich und meine schüchterne Blase dann endlich kurz allein lies) und hatte zwar niedrigen Blutdruck aber einen stabilen Kreislauf. Meine Arme hatten einen geringen Bewegungsradius und darauf abstützen ging gar nicht, was gemütliche Sitz- und Liegepositionen drastisch erschwerte. Rauchen durfte ich nicht, war am ersten Tag aber auch kein starkes Bedürfnis.
die restliche Zeit im Krankenhaus
Die erste Nacht war nervig, weil ständig eine Pflegerin reinkam und irgendwas überprüfen musste, ich war bei fraglichem TV-Programm eingeschlafen (wann endlich Streaming-Dienste in Krankenhäusern?) und schon kurz nach 7 kamen Dr. Wolter und die Chirurgin vom Vorgespräch für den Chest-Reveal herein. Dr. Wolter hat sogar Fotos von uns gemacht und die anzuschauen, erfüllt mich mit Glück. Die großen Fenster gen Osten erlaubten und einen Blick auf den Sonnenaufgang; laut Dr. Wolter war der Himmel in trans Farben.
Am Morgen nach der Mastektomie wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Dabei konnte ich relativ flexibel entscheiden, wie lang ich an dem Tag bleiben wollte, was mich entlastete. Zunächst war ich lange etwas verängstigt durch den kurzen Krankenhausaufenthalt, aber bei der Entlassung war ich dann doch auch froh, gehen zu dürfen und für die nächsten Tage mehr Ruhe zu haben.
Kritikpunkte am krankenhausaufenthalt
Mit dem veganen Essen im Krankenhaus klappte es nicht so gut, aber die Bemühungen waren da und für eine Nacht war das völlig okay. Vielleicht hätte ich bei der Aufnahme aber nochmal erwähnen sollen, dass ich vegan bin, um das ganze unkomplizierter zu gestalten. Was mich etwas schockiert hat, war, dass mein Zimmernachbar und ich auch im Krankenhaus misgendert wurden. Meine Rechnung für die Mastektomie war sogar an „Frau [vollständiger Name]“ adressiert. Und eine befreundete Person hatte im selben Krankenhaus wohl überall den Deadname stehen. Das war bei mir und meinem Zimmernachbarn zum Glück nicht so.
Fazit
Die Zeit vor der OP verging im Flug. Ich war oft gestresst von den ganzen Vorbereitungen und wollte am liebsten jedes Detail sofort durchgeplant haben. Jede Unsicherheit war eine zu viel. Meine Planung änderte sich immer wieder, aber auch zwischenzeitliche Lösungen, die ich dann letztendlich gar nicht in Anspruch nahmen, gaben mir in dieser Zeit halt. Am Ende klappte alles und ich war sehr glücklich mit der Begleitung, die ich hatte.
Insgesamt war ich mit der Versorgung im Krankenhaus sehr zufrieden und überglücklich, Dr. Wolter als meinen Arzt gewählt zu haben. Seine herzliche und fürsorgliche Art war genau das, was ich in diesem Prozess brauchte. Meine zwischenzeitlichen Zweifel, ob ich die Entscheidung für das richtige Krankenhaus getroffen hatte, wo es doch 600€ teurer war, sind mittlerweile verflogen.
Wie es mir in den folgenden Tagen und Wochen ging, erfährst du im nächsten Beitrag.
Alles Gute dir! Bestimmt nicht einfach. Kurz zum Thema: Dass alle Piercings raus müssen, daran denkt man ja nicht als Erstes. Gut, dass du ein verständnisvolles Piercing Studio hast!
Huhu – sorry für die sehr späte Antwort. Da es nicht meine erste OP war, war das für mich nichts Neues mit den Piercings. Normalerweise ist das Entfernen in Piercingstudios auch kein Problem – gegen eine kleine Gebühr (bei mir 5€), wenn dazu Zangen oder Ähnliches benutzt werden müssen.