DIE ERSTEN 8 WOCHEN NACH DER MASTEKTOMIE
CN: Drainagen, Narben, Angst/Panik, Erwähnung von Dysphorie und Alkohol
Die Heilung nach der Mastektomie kann sehr unterschiedlich verlaufen und ist höchst individuell. Hier beschreibe ich, wie die Heilung bei mir nach der Mastektomie ohne Transplantation der Nippel ablief und welche Gefühle und Gedanken mich in dieser Anfangszeit nach der Mastektomie begleiteten.
Düsseldorf
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus machte ich es mir in meinem vorübergehenden Zuhause in Düsseldorf auf der großen Schlafcouch gemütlich und war die ersten zwei Tage noch so müde, dass ich vor allem schlief und aß. Von anderen hatte ich gehört, dass sie die ersten Nächte nur im (Halb-)Sitzen schlafen konnten. Das war bei mir allerdings nur die erste Nacht so, danach schlief ich lieber möglichst flach.
Schon am Mittwochmorgen war kaum etwas in meine Drainagenflaschen nachgelaufen, aber da die Person in der Ambulanz am Telefon zögerlich war, diese schon zu entfernen, wartete ich noch bis Donnerstag. Da wurden die Drainagen aber auch wirklich zunehmend unangenehm und ich war sehr glücklich, sie endlich loszuwerden. Entgegen meiner Erwartungen (und Erfahrung von der LASH) tat das Entfernen kaum weh. Am nächsten Tag durfte ich endlich wieder duschen gehen. Ende der Woche war ich schon wieder auf einem langen Spaziergang in den Wildpark. Okay, ich hatte dabei einen Anflug von Panik, weil ich um die Wildschweine zu füttern, meine Arme zu viel hob und wegen des Mieders schlechter Luft bekam. Aber ich hab’s geschafft! Und abends konnte ich dann sogar schon gemeinsam mit meinem Freund und den Eltern meiner Freundin am Tisch essen.
Zurück in Berlin
Am Sonntag fuhren wir zurück nach Berlin. Die Autofahrt lief überraschend gut. Die Gurtpolster wären vielleicht gar nicht mal nötig gewesen. Wieder zu Hause bekam ich täglich Besuch von lieben Menschen aus meiner Support Gruppe, die mir Gesellschaft leisteten und Aufgaben im Haushalt übernahmen. Überraschend viel konnte ich aber auch schnell schon selbst machen (z.B. abwaschen, Wäsche aufhängen) und meine Mobilität in den Armen wurde täglich besser. Allerdings stellte sich am Ende der Narben in Achselnähe auch eine Schwellung ein, besonders auf der linken Seite. An der Stelle war mein Mieder auch weniger eng, was vielleicht die Schwellung begünstigte (Achtung: Laienmeinung!). Insbesondere mit den Armauschnitten des Mieders war das eine denkbar unangenehme Kombination.
Nach 1,5 Wochen sah ich keine Notwendigkeit mehr für Schmerzmedikamente – zuvor war ich auf Empfehlung von Freund*innen hin lieber großzügig. Meine Erfahrung nach der LASH mit Schmerzmitteln zu geizen, war ja auch nicht die Beste. An manchen Tagen musste ich die Schmerzmittel aber auch eher wegen Rückenschmerzen vom Schlafen auf dem Rücken nehmen, als wegen Schmerzen der eigentlichen Wunden. Knapp 2 Wochen erhielt ich Thrombosespritzen und Spaziergänge waren aufgrund des engen Mieders zunächst sehr anstrengend. Als ich dann aber begann, den Mieder für solche Gelegenheiten lockerer zu machen, ging es deutlich besser.
Ich brauchte Hilfe beim…. | Dauer der benötigten Hilfe |
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an- und ausziehen | 3-4 Tage |
Türen aufmachen | 3-4 Tage |
Haare waschen/bürsten | 1,5-2 Wochen |
abtrocken (nach duschen; Haare & Rücken) | 3,5-4 Wochen |
gemischte Gefühle
2 Wochen nach der OP hatte ich einen Termin bei meiner Hausärztin. Sie schrieb mich noch 2 weitere Wochen krank und versicherte mir, dass meine Schwellung normal sei. Die Wunde sah sehr gut aus und war nicht entzündet. Sie kappte auch meine Fädenenden. Dazu wurden die Steristrips (spezielle Pflaster) entfernt und ich sah das erste Mal richtig meine Narben. An dem Tag begann eine kleine Krise aufgrund der Narbenform, die so anders war als ich es mir gewünscht hatte.
Zwischen Krise und Glücksgefühlen
Nach ein paar kriseligen Tagen wendete ich mich an Dr. Wolter, der mir zunächst ein persönliches Gespräch anbot und mich dann aber anrief, als ich anmerkte, dass das für mich sehr umständlich wäre. Er versicherte mir, dass es aufgrund meiner Anatomie nicht wie gewünscht möglich war und bot an, in einem halben Jahr zu schauen, ob wir eine Korrektur vornehmen können, wenn ich dann immer noch unzufrieden bin. Und auch wenn das ein großer Wehrmutstropfen ist, der mich doch etwas bedrückte, schien dieser eher ästhetisch. Ich glaube schon, dass die bevorzugte Form meiner Narben für mich auch Gender Expression (Ausdruck) ist.
Gleichzeitig bin ich so unglaublich glücklich über meine flache Brust und genieße jeden Blick in den Spiegel, wenn ich angezogen bin. Dann schaue ich mich aus allen Perspektiven an und streiche vorsichtig über meine flache Brust, mit einem Strahlen in den Augen und einem Lächeln bis Grinsen auf den Lippen. Euphorie. Die Dysphorie: weg. Und obwohl meine Narben gar nicht so ganz aussehen, wie ich sie wollte, habe ich das Bedürfnis, sie allen mir nahestehenden Menschen zu zeigen.
In den ersten Wochen vergaß ich manchmal auch noch, dass ich es nun endlich geschafft hatte. Ich dachte, da wären immer noch Brüste und musste erst wieder an mir runterschauen, um es zu begreifen; um zu begreifen, dass sie endlich weg sind. Manchmal rechnete ich damit, nun steife Nippel zu bekommen, wenn es kalt wurde. Doch da sind keine Nippel mehr. Endlich. Die Erkenntnis stellt jedes Mal eine kleine Erleichterung dar.
Verunsicherung
Nach 2-3 Wochen fühlte sich die Krankschreibung irgendwie komisch an. Ich fühlte mich eigentlich schon wieder ganz fit. Sicher, zur Arbeit gehen, wäre noch zu anstrengend gewesen, aber von zu Hause aus hätte ich doch sicherlich etwas tun können. Es fühlte sich etwas an, als hätte ich ungerechtfertigterweise Urlaub. Mir schien es zu gut zu gehen, wirklich krank war ich ja nicht. Aber so richtig belastbar eben auch nicht. Ich versuchte, die Zeit einfach zu genießen, mir die Ruhe zu nehmen, die mein Körper brauchte. Aber ich haderte damit. Der Alltag kam jedoch früh genug zurück und wie ihr später noch lesen könnt, war dieser anstrengender als gedacht.
Obwohl es auf der Internetseite ein Dokument zur Nachsorge gibt, fühlte ich mich etwas überfordert. Was ist normal? Wann sollte ich medizinische Hilfe aufsuchen? Da kann ich mich glücklicherweise jederzeit an Dr. Wolter wenden, den ich aber auch nicht permanent belagern möchte. Eine aufklärendes Gespräch vor der Entlassung hätte mir hier sicher weitergeholfen.
Lymphdrainage, Narbenmassage und Silikonpflaster
Auch spezifischere Anleitungen zur Narbenmassage und Lymphdrainage hätte ich hilfreich gefunden. Während ich zur Narbenmassage ganz viel auf Youtube gefunden hab, sah es beim Thema Lymphdrainage nicht ganz so gut aus. Eine befreundete Person hat mir lieberweise selbst ein Video aufgenommen. Ein paar hilfreiche Videos habe ich dann aber doch noch gefunden:
- Video zur Lymphdrainage auf englisch (YouTube)
- Video zur Lymphdrainage auf deutsch (YouTube) (der Heilpraktikerinnen-Begriff schreckt mich hier etwas ab, scheint aber solide zu sein)
- ein Video zur Narbenmassage mit etwas wissenschaftlichem Background (YouTube)
- ein kurzes Video zur Narbenmassage (YouTube) (Achtung: cringe)
Falls deine Mastektomie (oder andere OP) von der Krankenkasse bezahlt wird, kannst du dir übrigens Physiotherapie verschreiben lassen. Dort wird zum Beispiel die manuelle Lymphdrainage und Narbenmassage gemacht.
Verwechselung
Nach dem Besuch bei meiner Hausärztin begann ich mit der Anwendung von Silikonpflastern (ich habe diese hier bei Amazon bestellt). Eine Woche zu früh, wie ich nach 4 Tagen feststellte. Ich hatte den Beginn von Narbenmassage (nach 2-3 Wochen) und Silikonpflaster (nach 3-4 Wochen) verwechselt. Also hörte ich wieder auf und begann mit der Narbenmassage und Lymphdrainage – nun wusste ich ja auch endlich, wie das ging. Zum Glück hatte ich auf der Packung der Silikonpflaster gesehen, dass diese nicht auf Schorf dürfen und hatte die wenigen Schorfstellen fast komplett ausgespart. Die Silikonpflaster bergen die Gefahr, die Narbe aufzuweichen, wenn sie zu früh genutzt werden. Ich hatte da anscheinend Glück, was sicher auch damit zusammenhängt, dass kaum noch Schorf auf meiner Wunde war.
Ich wollte mit der erneuten Verwendung der Silikonpflaster warten bis der Schorf komplett weg war und es für mich praktisch umsetzbar war, die Nutzungsdauer graduell zu erhöhen. Also kurz vor Weihnachten. In der Zwischenzeit traf ich jedoch einen Freund, der ebenfalls trans ist und mir erklärte, dass Silikonpflaster vor allem sinnvoll sind, wenn Narben dick sind und hervorstehen. Sie weichen die Narben auf, machen sie aber auch breiter. Daher entschied ich mich dazu, erstmal abzuwarten, was meine Narben so von sich aus machen und gegebenenfalls später auf sie zurückzukommen.
Gefühle zur Narbenmassage
Die Narbenmassage war für mich am Anfang eher unschön und ich fand es furchtbar unangenehm, meine Narben auch nur einzucremen. Doch schon nach ein paar Tagen war die Lymphdrainage und Narbenmassage zu einem liebevollen Ritual geworden. Zeit für mich und meinen Körper, ihn besser kennenlernen und pflegen. Manchmal löste es allerdings auch ganz unangenehme Geräusche und Gefühle aus, wie ein Knacken. Das trat insbesondere an den äußeren gnubelligen Enden der Narben auf. Noch mehr auf der linken, etwas geschwolleneren Seite. Erst dachte ich es wären Fäden, die noch nicht ganz aufgelöst waren, aber wahrscheinlich war es eher Narbengewebe.
Ich habe so eine kleine Ecke in meiner rechten Narbe. Schon rein ästhetisch mag ich sie nicht so gern. Noch dazu gab sie mir ein paar Wochen Phantom-Nippel-Vibes. Es fühlte sich einfach so an, als wäre dort mein Nippel. Davon habe ich schon häufiger gelesen. Anfangs war das bei bestimmten Bewegungen und der Massage so. Mit der Zeit hat sich das gelegt, aber die Massage an der Stelle löst weiterhin komische Gefühle aus.
Nach kurzer Zeit verflog aber auch das Gefühl der Selbstfürsorge, das mit der Narbenmassage assoziiert war. Ich nahm mir vor, die Narbenmassage 3-4x die Woche, aber dafür länger zu machen. Allerdings sind mir Routinen sehr wichtig und alles, was ich nicht täglich mache, mache ich meist gar nicht. Die Narbenmassage kam mir wie eine von unendlich vielen zusätzlichen Aufgaben vor. So wie früher, als ich „nur ein paar Minuten am Tag“ Klavier üben, Hausaufgaben machen und Zahnpflege betreiben sollte. Für alles sollte ich ein bisschen Zeit einplanen, was das Gefühl hinterließ, nicht mehr selbstbestimmt über meine Zeit entscheiden zu können. Gut, mittlerweile muss ich keine Hausaufgaben mehr machen und mein Klavierunterricht ist so lang her, dass ich nicht mal mehr weiß, wie ich einen Akkord spiele. Aber das Gefühl bleibt irgendwie.
Nachdem ich in Woche 1-2 Wochen also sehr nachlässig war, nahm ich mir vor, die Narbenmassage wieder ernster zu nehmen. Ich hatte einen leichten Schmerz in den Narben, nachdem ich sie nach einer knappen Woche endlich mal wieder massiert hatte. Dafür waren meine Narbenenden endlich nicht mehr so gnubbelig. Die Lymphdrainage schien mir nach 4 Wochen nicht mehr notwendig zu sein. Doch nach 7 Wochen hatte ich immer noch eine leichte Schwellung und begann wieder mit ein paar Übungen.
Als Creme benutzte ich einfach nur eine Panthenol und Zink Creme, es gibt da aber auch spezielle Cremes für Narben, die sicher etwas besser sind. Auch beim Eincremen war ich zugegebenermaßen unregelmäßig. Mein Freund, der mit mir auch seine Informationen über Silikonpflaster teilte, meinte, dass es beim Eincremen um die Feuchtigkeit und damit einhergehende Flexibilität der Haut/Narbe ginge. Narben hätten oft aber auch von sich aus eine gewisse Feuchtigkeit. Das schien bei mir definitiv der Fall zu sein. Ich massierte die Creme immer ein wenig ein, aber die richtige Narbenmassage funktionierte für mich besser ohne Creme oder Öl, da sonst alles zu flutschig wurde.
Das Mieder
Nach 2 Wochen wurde es das erste Mal Zeit, das Mieder zu waschen. Um es möglichst schnell wieder anzuziehen, föhnte ich es. Die dickeren Stellen wurden jedoch nicht ganz trocken und weil die befreundete Person, von der ich den Mieder hatte, sagte, ich könne etwas drunter ziehen, tat ich genau das. Danach trug ich das Mieder fast gar nicht mehr ohne etwas darunter. Ich fand es sensorisch angenehmer, musste das Mieder seltener waschen und das Mieder wurde so noch etwas enger, was vor allem für die etwas lockere Stelle oben praktisch war.
Bei der nächsten Wäsche des Mieder trug ich in der Zwischenzeit einfach einen Binder mit Klettverschluss an der Seite – mittlerweile war meine Armbeweglichkeit wieder so weit, um die Stelle selbst zum auf und zu machen zu erreichen. Mein Binder ist etwas flexibler als das Mieder und daher wahrscheinlich kein guter Ersatz für die ganze Zeit, aber für dringend benötigte Mieder-Pausen sicher ein guter Kompromiss.
Nach 6 Wochen durfte ich endlich mein Mieder ablegen. Ich hatte lang auf diesen Moment hingefiebert. Und dann war es erstmal ganz schrecklich. Der Druck auf meiner Brust: er fehlte. Der Druck löste manchmal Angstsymptome aus. Aber er gab mir auch das Gefühl von Sicherheit, eine kleine Umarmung. Und all das war nun auf einmal weg. Weite Kleidung zu tragen, fühlte sich unglaublich falsch an. Daher trug ich die ersten Tage enge Tops und T-Shirts. Das half. Außerdem war mir auf einmal unglaublich kalt an der Brust. Aber all das verflog innerhalb weniger Tage. Und jetzt, wo ich darüber schreibe, hätte ich das schon beinahe wieder vergessen.
Beschäftigung in den ersten 4 Wochen
- Besuch
- vorlesen (lassen)
- Spiele spielen
- Netflix und andere Streaming-Anbieter (aktuell mag ich Backsendungen sehr gern)
- Handyspiele von vor 10 Jahren (Doodle Jump, Minion Rush und 2048)
- je nach Wohlbefinden: lesen, Kleinigkeiten am Laptop abarbeiten
- je nach Wetter: Spaziergänge (es war kalt und ich hasse Spaziergänge)
Mobilität und Druck
Nach 2 Wochen konnte ich wieder halb auf der rechten Seite schlafen, nach ca. 4 Wochen auch endlich wieder auf der linken. Das war eine große Erleichterung. Ob das zu dem Zeitpunkt schon erlaubt war? Keine Ahnung. Dazu gab es keine Instruktionen. Und wenn nirgends steht, dass es verboten ist, ist es erlaubt. Finde ich. Glaube auch nicht, dass es geschadet hat.
Ich bin mir relativ sicher, dass ich mich relativ früh im Schlaf auch schon mal gestreckt habe und dann davon aufgewacht bin. Mit einer Mischung aus Befriedigung und dem Gefühl, etwas Verbotenes getan zu haben. Aber ganz sicher bin ich mir nicht. Das war nämlich zu einem Zeitpunkt, wo ich mich im Wachzustand noch lange nicht strecken konnte.
Es war und ist faszinierend zu sehen, wie die Mobilität in den Armen wieder zurückkommt. Nach nun 7,5 Wochen kann ich meine Arme endlich wieder nach oben strecken, komme an Sachen, die oben im Regal stehen. Aber wenn ich meine Arme seitlich von mir abstrecke, ist kaum mehr als ein 90°-Winkel drin und es zieht noch ziemlich in der linken Brust. Ich sehe auch, wie die wiederkehrende Mobilität meine Narben Stück für Stück ein bisschen streckt, breiter werden lässt. Die Narben scheinen in stetiger Veränderung zu sein. Ich habe dazu kein konkretes Gefühl, finde es eher interessant und bin neugierig, wie sie am Ende aussehen werden.
Während auch festere Umarmungen bereits nach kurzer Zeit (etwa 2 Wochen) wieder möglich waren, spüre ich leichten, aber zentrierten Druck recht stark auf meiner Brust. Das tut nicht weh, aber es fühlt sich auch noch nicht wieder so richtig an. Gleichzeitig fühlt sich meine Brust aber auch noch sehr taub an. Das stört mich nicht besonders, ist aber etwas seltsam und definitiv gewöhnungsbedürftig. Wird mit der Zeit wohl auch wieder besser, habe ich gehört.
Zurück im Alltag
In der 5. Woche ging ich das erste Mal wieder zum arbeiten ins Büro, ich blieb sogar außergewöhnlich lang da. Ich war danach etwas erschöpft, aber nicht deutlich mehr als sonst nach der Arbeit. Das größte Problem bereiteten mir die schweren Türen im Flur, die ich aufziehen musste, um zu meinem Büro zu kommen.
Ich nahm nun außerdem wieder ganz regelmäßig an all meinen Plena teil und es fiel mir wieder deutlich leichter, unterwegs zu sein. Ich ging sogar zu einer Party, bei der ich ausgelassen tanzte – natürlich noch mit den Armen unter dem Kopf. Auf Alkohol verzichtete ich, um nicht zu viel zu rauchen und meinen Körper nicht zusätzlich mit dem Alkoholabbau zu belasten. Mein Bedürfnis danach ist derzeit aber auch nicht sonderlich groß.
Nachdem ich in der 5. Woche auf einmal sehr aktiv war – sogar aktiver als sonst in meinem Alltag – brauchte ich doch erstmal wieder eine halbe Woche, um mich auszuruhen. Ich dachte, nun würde alles wieder ganz normal laufen. Doch falsch gedacht. Die Aktivitäten schienen mir mehr zuzusetzen, als ich zunächst merkte. Ich ging es also in den darauffolgenden Wochen wieder langsamer an und achtete darauf, mir nicht zu viel vorzunehmen, auf meine Grenzen zu achten. Gar nicht so leicht, diese Grenzen neu auszuloten; neu zu schauen, wie viel möglich ist.
An Weihnachten, 6,5-7 Wochen nach der Mastektomie, war ich schon wieder recht fit und mir war quasi nicht anzumerken, dass ich kürzlich eine OP hinter mir hatte. Zumindest schien es niemandem aufzufallen. Bloß die festen Umarmungen eines Verwandten waren minimal schmerzhaft.
Fazit
Meine Heilung ist bis jetzt echt super verlaufen und ich bin sehr zufrieden und dankbar, keine Komplikationen gehabt zu haben. Die Form der Narben ist immer noch ein kleiner Wehrmutstropfen. Aber die Euphorie und vor allem die Abwesenheit von Dysphorie sind deutlich stärker. Insbesondere in den ersten Wochen war alles ganz ungewohnt: Taubheitsgefühle, neuer Druck auf der Brust, kein Druck mehr auf der Brust. Eine flache Brust. All das benötigte etwas Zeit, um mich daran zu gewöhnen. Und die Zeit, die das erforderte, fühlte sich ganz komisch an und als würde die Gewöhnung ewig dauern. Doch dann ging es irgendwie doch ganz schnell.
Viele Menschen sagen ja, Heilung sei nicht linear. Das merke ich grad sehr. Und das ist okay. Ich bin kein geduldiger Mensch, aber jetzt muss ich mich in Geduld üben. Die komplette Heilung von der Mastektomie dauert lang, nicht „nur“ 6 Wochen. Das weiß ich. Und das wusste ich auch vor der OP. Ich war bereit, das in Kauf zu nehmen. Und bis hierhin hat es sich allemal gelohnt. Aber ich muss auch aufpassen – jetzt, wo der Alltag wieder zurückkehrt – daran zu denken, dass ich noch in der Heilungsphase bin und eben noch nicht wieder alles geht. Dass mein Körper sich noch verändert.
Ein Netzwerk aus guten Freund*innen und Herzensmenschen war für meine OP-Vorbereitung und Heilung unerlässlich und ich bin so unglaublich dankbar, so tolle Menschen um mich herum zu haben. Wenn ich nur einen Tipp geben könnte, wäre es dieser: Organisier dir Menschen, die sich um dich kümmern und mit denen du dich wohl fühlst.